Grenzenlose Seelenpfade

Masken des Glaubens und der Gestaltwandlung

In Bayern wird der Fasching auch gerne mal Maschkera genannt. In diesem Wort steckt die Maskerade und damit sind wir ganz schnell bei den Masken. Abseits von Fasching und Karneval haben Masken eine lange Tradition und verschiedene spirituelle Bedeutungen.

Alles begann mit Kunstwerken auf Stein

Masken findet man weltweit und seit sehr langen Zeiten. Der Maskenkult begann  wohl vor etwa 30.000 Jahren mit Felszeichnungen. Ob Höhle oder Felswand – immer wieder tauchen Figuren mit Masken auf. Die Masken stellen zum Beispiel Gottheiten oder Tiere dar. Sie entsprangen aus der Umgebung der Menschen, aus ihren Beobachtungen, aus dem Alltag und aus ihrem Glauben.

Beobachtungen spielten vor allem bei Tiermasken eine Rolle. Der majestätische Löwe, der starke Elefant, der geheimnisvolle Wolf, der Vogel als geflügelter Botschafter zwischen dem Diesseits und dem Jenseits. Die Felszeichnungen erzählen von den Tieren und ihren Eigenschaften. Um die Tiere ranken sich Legenden und Geschichten. Und man war wohl auch ein wenig neidisch, weil man vielleicht nicht so stark wie der Elefant oder so gewitzt wie der Affe war.

Masken haben eine lange Tradition und sind weltweit verbreitet

Aber warum neidisch sein? Das kann man doch ändern. Das dachten sich einige Leute und schnitzten die ersten Skulpturen und Masken. Der Maskenkult war geboren und zog sich durch alle Kontinente und viele Völker der Erde. Oft variierten die Tierdarstellungen, denn wer im hohen Norden lebte, wusste nichts von der Tierwelt am Äquator. Und so trug man im Norden Hirsch-, Raben- und Bärenmasken, während man im Süden eher auf Löwe, Giraffe und Elefant zurück griff.

In den Masken spiegelt sich auch der Glaube wieder. Und auch der war in den Erdteilen unterschiedlich. Nicht jeder huldigte Buddha mit seiner Maske. Stattdessen gab es andernorts Masken mit archaischen Zügen der dunklen nordischen Wälder oder wilde Masken mit Haaren und Fell im Süden. Nun ja, nicht immer und überall haben Gottheiten gut ausgesehen.

Es kommt auch auf das Beiwerk an

Masken wurden von jeher aus verschiedenen Materialien hergestellt. Man schnitzte Holz, man kreierte aus Messing oder Bronze wahre Kunstwerke, töpferte Masken aus Ton und manchmal war die Maske aus Pappmaché. Wichtig sind auch die Verzierungen der Masken: Spiegelplättchen gegen das Böse, Federn oder Fell von einem Tier, Schutzamulette, Muscheln als Verbundenheit zum Meer, gemalte Herrscherzeichen und spirituelle Symbole, wie etwa Spiralen, Sterne, Mond und Sonne.

Masken als Werkzeug der Schamanen

Es waren vor allem die Schamanen, die Masken als Werkzeuge nutzten. Für ihre Arbeit als Wahrsager, Heiler, Energiearbeiter und Magier hatten sie mehrere Masken, denn jede Maske war für einen anderen Zweck gut. Für jedes Wehwechen und jedes Ach gab es und gibt es heute noch die passende Maske. Kontakt mit den Ahnen aufnehmen, Ritual für den Start in die Männlichkeit, Abwehr von Flüchen und bösem Zauber, Dämonen und Geister aufspüren und vertreiben, Haus und Hof vor Unheil schützen, Alpträume und schlechte Gedanken beseitigen, Tote verabschieden und Seelen auf die Reise schicken – Schamanen hatten und haben viel zu tun.

Schamanen waren schon immer sehr geachtet. Schließlich konnten sie Dinge, die der „normale Mensch“ nicht konnte. Sie konnten Götter besänftigen, Dürren beenden – und sie waren dank Maske Gestaltwandler. Dank Maske konnten sie sich vom Menschen in ein Tier oder in ein Mischwesen verwandeln. Das ging meist einher mit wilden Tänzen, Trance-Zuständen und urtümlichen Lauten. Mit der Maske teilte der Schamane seine Energien und Kräfte und die Maske revanchierte sich mit Bildern, Träumen, Infos und Intuition. Der Rest war Deutung, Handlung und Heilwissen.

Zwiesprache mit Naturgeistern und hilfreiche Energien

Schamanen sind der Natur sehr verbunden und deshalb auch sehr kundig in Sachen Heilpflanzen. Sie haben gegen jedes Zipperlein ein Kraut parat. Mit Maske wurde Naturmedizin verabreicht und gegen das Böse geräuchert und getrommelt. Und wenn wirklich mal ein Schamane am Ende seines Lateins war, dann setzte er sich die Maske auf und fragte seine Krafttiere oder einen Naturgeist um Rat. Oder er hielt Zwiesprache mit einem göttlichen Wesen. Irgendeine Lösung gibt es immer…

Auch heute arbeiten Schamanen mit Masken, aber es gibt viele moderne Schamanen, die auch ohne Masken ihre Arbeit beherrschen. Meine Masken hängen an der Wand und da dürfen sie selbstständig arbeiten. Als Wandschmuck können Masken ihre Energien und Kräfte abgeben und z.B. Kreativität, Kräfte, Träume, Fähigkeiten und Magie unterstützen.

Mit der Maschkera wurde der Winter vertrieben

Auch im Fasching bzw. Karneval spielen Masken eine Rolle. Wie passend formuliert, denn maskiert und kostümiert schlüpfen wir wie ein Schamane in eine andere Rolle und sind plötzlich ein Clown, ein Cowboy oder eine Maus.

Heute ist die Maschkera ein großer Spaß, aber anno dazumal gab es gruselige Masken, die eher an die Perchten in der Vorweihnachtszeit erinnern. Nicht ohne Grund, denn mit diesen Masken wurde der Winter vertrieben. Und beim Anblick dieser Masken nimmt jeder – also auch der Winter – die Beine in die Hand.

Kulturelles Spektakel und Masken der Freiheit

Es geht aber auch anders als bei uns: Der Karneval in Rio ist farbenprächtig, laut, temperamentvoll und ein Wettbewerb der Kostüme und Tänze. Auch hier tauschen die Menschen ihre alltäglichen Rollen gegen die Rollen ihrer Kostüme. Dieses kulturelle Spektakel ist ein Feuerwerk der Temperamente und Fantasie.

Etwas ganz Besonderes ist der edle, zauberhafte Karneval in Venedig. Bei Kostümen und Masken geht es auch hier um den Rollentausch: Der Karneval in Venedig ist etwa 900 Jahre alt und er hob die Berührungsängste und Grenzen zwischen Arm und Reich auf. Wer weiß schon, wer sich hinter der Maske verbirgt? Da wurden die hohen Herrschaften zu Dienern und umgekehrt. Das Maskenspiel öffnete natürlich  Tür und Tor für eigentlich verbotene Romanzen. Aber wer kann schon Nein sagen, wenn es um Amore geht… Die Masken erleichterten es, sich von Sittsamkeit, Standesdünkel und schlechtem Gewissen zu verabschieden. Denn die Masken bedeuteten nicht weniger als Freiheit. Text/Foto: Marion Friedl