Grenzenlose Seelenpfade

Der Weihnachtsbaum ist der Star an Heilig Abend

Tannen sind in Bethlehem, dem Geburtsort von Jesus Christus, nicht präsent. In Israel wachsen eher Zypressen als Tannenbäume. Also dürfte das Christkind in der Krippe nicht auf einen Christbaum geschaut haben. Doch was tut der Weihnachtsbaum in unseren Wohnzimmern?

Zweige gegen böse Geister und Bäume für die Hoffnung

Auch in unseren Breitengraden hat es gedauert, bis der erste Weihnachtsbaum aufgestellt wurde. Laut Wikipedia wurde der erste Weihnachtsbaum 1527 in Straßburg schriftlich erwähnt. Vorher holten sich die Leute Tannenzweige ins Haus, um böse Geister abzuwehren. Die Farbe Grün steht auch für die Hoffnung und so hoffte man auf einen neuen Frühling. Immergrüne Pflanzen symbolisieren zudem die  Vitalität und Fruchtbarkeit.

Als die Bäume noch von der Decke hingen

1605 dekorierte man den Weihnachtsbaum in Straßburg mit Äpfeln, Oblaten, Flitter, buntem Papier und Zucker. Herzogin Dorothea Sibylle von Schlesien packte 1611 Kerzen drauf. Zunächst zog der Weihnachtsbaum bei wohlhabenden Leuten ein, aber nach und nach holten sich die ärmeren Menschen auch Weihnachtsbäume nach Hause. Sie griffen bei den preislich günstigeren Fichten zu.

Kurios: Bis ins 20. Jahrhundert hing der Weihnachtsbaum von der Decke. Das sparte Platz und er konnte nicht umgestoßen werden. Von 1800 bis Mitte des 20. Jahrhunderts mauserte sich der Baum zum Wahrzeichen des Weihnachtsfestes. Er wurde prächtig geschmückt und die Geschenke wurden unter den Baum gelegt. 1830 wurden die ersten Christbaumkugeln geblasen. Sie lösten oftmals die Äpfel ab und wurden zum Sinnbild für den verbotenen Apfel, von dem Adam und Eva im Paradies naschten. Das Essen des Apfels vom Baum der Erkenntnis gilt als Erbsünde, die durch die Geburt Jesus Christus und dessen späteren Tod am Kreuz gesühnt wurde.

Lametta als Eiszapfen und ein „Komet“ auf der Baumspitze

In Nürnberg wollte man den Christbaum noch etwas mehr aufhübschen und man erfand dort 1878 das Lametta, das an Eiszapfen erinnern sollte. Und wenn schon Lametta, dann bitte üppig. Nicht, dass sich jemand angelehnt an Loriot mit den Worten „Früher war mehr Lametta“ beschweren muss.

Heute wird nicht überall Lametta verwendet. Entweder verzichtet man ganzt auf dieses Glitzern oder man verwendet weißes Engelshaar. Strohsterne, Figuren, Süßigkeiten – die Deko ist vielseitig. Doch eines darf nicht fehlen: Der Stern auf der Baumspitze, der an den wegweisenden Kometen von Bethlehem erinnert.

Eine Gurke bringt Glück und ein niesendes Weihnachtswunder

Kommen wir zu einigen Kuriositäten. Haben Sie schon mal eine Essiggurke aus Glas oder Plastik an die Zweige gehängt? Die Weihnachtsgurke wurde im 19. Jahrhundert in Deutschland erfunden und trat dann ihren Siegeszug in den USA an. Wer die Gurke im Dekodickicht findet, darf als Erster seine Päckchen aufmachen und er bekommt oft ein Extrageschenk. Auf jeden Fall soll die Gurke ein Glücksbringer für das kommende Jahr sein.

Nicht nur Gurken verstecken sich in der Weihnachtsdeko. In diesem Jahr hörte eine Frau in Texas ihren geschmückten Baum niesen. Ein Weihnachtswunder? Saß ein Engel im Baum? Zwei mal Nein. Ein Oppossum hatte sich versteckt und irgendetwas hat wohl seine Nase gekitzelt.

Wie viele Nadeln hat der Weihnachtsbaum?

Logisch, dass man vor dem Weihnachtsbaum nicht nur das im 16. Jahrhundert entstandene Lied „O Tannenbaum“ singt. Beim Betrachten des Baums fragt man sich vielleicht auch, wie viele Nadeln er wohl hat. Schüler zählten 2006 in der TV-Show „Frag doch mal die Maus“ 187.333 Nadeln an einer 1,63 Meter hohen Nordmanntanne.

Die Nordmanntanne ist der Deutchen liebster Weihnachtsbaum. 67 Prozent der Deutschen stellen einen Weihnachtsbaum auf. 2020 wurden hierzulande 29 Millionen Weihnachtsbäume verkauft. Und man staune: 50 % der Christbaumbesitzer schlagen ihren Weihnachtsbaum selbst.

Auf dem Christbaum in New York leuchtet ein deutscher Stern

Glänzende Augen und andächtiges Schweigen ist beim Anblick eines festlichen Weihnachtsbaums so gut wie vorprogrammiert. Man liebt diesen Baum und kann sich Weihnachten nicht mehr ohne ihn vorstellen. Auch auf dem Petersplatz in Rom steht seit 1982 ein Christbaum. Deutsche Auswanderer und Matrosen brachten den Weihnachtsbaum nach Nordamerika. 1912 wurde der erste Weihnachtsbaum in New York aufgestellt. Elektrische Lichter bekam der New Yorker Baum 1920.

In New York ist die Spannung alljährlich groß: Man zählt den Countdown herunter und hofft, dass der Baum mitsamt Stern auf der Spitze, die übrigens in Detuschland angefertigt wurde, pünktlich leuchtet, glitzert und funkelt. Heuer ist der Baum vor dem Rockefeller Center 32 Meter hoch. Er besitzt eine eigene Sprinkler Anlage, falls es brennen sollte. Damit alles spannend bleibt, wird der Baum während des Schmückens und dem Beleuchtungstest eingehaust. Wenn Weihnachten vorbei ist,  wird der Baum zersägt und aus den Brettern werden Hütten vür Obdachlose gebaut.

Der Weihnachtsbaum in New York ist aber nicht der höchste Christbaum. Er wird von einer Douglasie getoppt, die 1950 in Seattle aufgestellt wurde: Dieser Baum war satte 67,4 Meter hoch.

Wird der Baum bei Vollmond geschlagen, rieseln die Nadeln später

Apropos nach Weihnachten: Der Weihnachtsbaum steht meist bis Heilig Drei König in den deutschen Wohnzimmern. Manchmal darf er bis Lichtmess Anfang Februar bleiben. Dann aber wird es Zeit für die Entsorgung, denn er nadelt halt mit der Zeit. Tipp: Wenn der Baum bei Vollmond geschlagen wird, halten die Nadeln länger. Viele Christbaumverkäufer raten dazu, unten am Stamm eine dünne Scheibe abzusägen und den Baum ausgiebig ins Wasser zu stellen, bevor er ins Wohnzimmer gebracht wird. So saugt sich der Baum mit Wasser voll und gibt das Wasser an die Nadeln weiter.

Ausgediente Weihnachtsbäume werden geworfen oder verbrannt

Seit der Werbung eines schwedischen Möbelhauses wissen wir, dass in Schweden mitunter ausgediente Weihnachtsbäume aus dem Fenster geworfen werden. Aus Schweden stammt auch ein Brauch in der Pfalz: Dort gibt es eine Weltmeisterschaft im Weihnachtsbaum-Werfen. Bevor der Christbaum verbrannt wird, absolvieren die Teilnehmer die Disziplinen Weitwurf, Hochwurf und Schleuderwurf.

Wer Platz im Garten hat, gönnt dem vertrockneten Weihnachtsbaum eine Galgenfrist bis zur Sonnenwende im Juni. Dann landen so manche Adventkränze und Weihnachtsbäume im privaten Sonnwendfeuer. Achtung: Nur restlos abgeschmückte und von Lametta befreite Bäume im Freien lagern, denn Vögel picken gerne Lamettareste von den Zweigen und das tut ihrer Verdauung absolut nicht gut.

Der Weihnachtsbaum kann sogar zaubern

Wer mag, kann sich einen künstlichen Weihnachtsbaum besorgen, der alle Jahre wieder verwendet werden kann. Wer es natürlich, aber umweltfreundlich haben will, kann einen Baum mit Ballen kaufen und ihn nach Weihnachten im Garten pflanzen.

Verzichten Sie nicht wegen irgendeiner Correctness auf den Weihnachtsbaum! Der geschmückte Baum gehört zum Weihnachtszauber dazu. Dieser Baum schafft etwas, das kein Baum in freier Natur schafft: Er lässt Augen glänzen, wärmt die Herzen, ist Balsam für die Seele, lässt innehalten und nachdenken und er bringt positive Energie und Licht in die dunkle Jahreszeit. Das sind doch wirklich gute Argumente für den Weihnachtsbaum.

Ich wünsche allen ein schönes, friedliches Weihnachtsfest! Text: Marion Friedl / Foto: Sung Jln Kim Pixabay