Grenzenlose Seelenpfade

Hörst Du nicht, wie die Zeit vergeht?

Manchmal ist es nur ein Satz, der zum Nachdenken anregt. In einem Lied von Hubert von Goisern ist es die Frage: Herst as ned, wia de Zeit vergeht? Na, schon mittendrin im Nachdenken? Dann schauen wir uns die Zeit genauer an, denn sie tickt in uns und begleitet uns auf unserem Lebensweg. Mal schneller, mal langsamer und manchmal scheint sie still zu stehen.

Die geistige Welt trödelt gerne

Die Textzeile „Hörst Du nicht, wie die Zeit vergeht?“ möchte man manchmal auch der geistigen Welt zurufen. Die hat mit der Zeit nämlich so gut wie nichts am Hut. Die Zeit haben wir Erdlinge in feste Größen eingeteilt, damit wir wissen, wie lange wir arbeiten müssen, wann wir am besten säen und ernten, damit wir Verabredungen pünktlich einhalten und so weiter. In der anderen Welt existieren aber keine Kalender und Uhren. Okay, die Lebensuhr vielleicht. Die legt fest, wann ein Leben beginnt und wann es endet. Das war es dann aber auch schon.

Ob göttliche Wesen oder Ahnen – da existiert kein Zeitbegriff. Und das ist oft hinderlich, wenn wir uns etwas wünschen. Meisten passiert erst mal gar nichts. Und warum? Wir haben nicht konkret gesagt, wann die geistige Welt den Wunsch erfüllen soll. Deshalb gilt: Wenn die geistige Welt etwas für uns tun soll, müssen wir ihr sagen, wann sie es konkret tun soll. Dann steht auf unserem Wunschzettel nicht: Ich wünsche mir mehr Geld. Besser ist es, wenn dort steht: Ich wünsche mir jetzt mehr Geld. Das heißt übersetzt: Geistige Welt, komm in die Gänge.

Auch bei z.B. einer Aurareinigung, einem Fluchbrecher, einer energetischen Räucherung gegen Geister, einer Affirmation (Glaubensthese) heißt es: Jetzt oder sofort. Ohne diese Worte – entschuldigung – trödelt die geistige Welt vor sich hin. Und wir kommen nicht voran.

Zeit und Zeitempfinden sind zwei Paar Schuhe

Mit jedem Lebensjahr fragen wir uns öfter „Hörst Du nicht, wie die Zeit vergeht?“ Wir könnten uns jetzt mit der Krümmung von Zeit und Raum befassen. Machen wir aber nicht. Wir geben uns damit zufrieden, dass Zeit immer gleich ist. Zumindest auf dem Papier oder auf dem Ziffernblatt. Die Zeiger wandern immer im gleichen Tempo von Sekunde zu Sekunde,  Minute zu Minute und Stunde zu Stunde. Der Kalender gibt vor, wie viele Tage eine Woche, ein Monat und ein Jahr hat. Das steht fest und wir können das nicht beschleunigen oder verlangsamen.

Trotzdem: Manchmal rennt die Zeit davon und manchmal will sie einfach nicht vergehen. Aber das ist nicht die Zeit, sondern das eigene Zeitempfinden. Noch etwas merken wir: Mit jedem Lebensjahr vergeht die Zeit schneller. Zumindest scheint es so und auch wissenschaftliche Studien kommen zu diesem Ergebnis. Aber warum haben wir dieses Gefühl? Weil Reize, Erinnerungen, Glückshormone und Fitness mitmischen: Vier wichtige Zutaten, damit die Zeit für jeden von uns zum individuellen Erlebnis wird.

Für Kinder dauert Vieles ewig

In der Kindheit und Jugend lernen wir, sammeln Erfahrungen und erleben vieles zum ersten Mal. Die jungen Jahre sind vollgepackt mit neuen Eindrücken, Erlebnissen und Lerninhalten. Spontan wollen wir jetzt sagen: Bei so viel Abwechslung vergeht die Zeit schnell. Falsch. Je mehr Wahrnehmungen und Reize, umso langsamer kommt uns die Zeit vor. Unser Gehirn arbeitet auf Hochtouren, denn es muss Daten, Fakten, Bilder, Erfahrungen, Erlebnisse und vieles mehr abspeichern. Das ist wie beim Computer: Je länger der Text, umso länger dauert das Abspeichern.

In der Mitte des Lebens gibt unsere Zeit ein bisserl Gas

Mit jedem Lebensjahr reduziert sich das Neue. Vieles ist normal geworden, wie etwa das Auto fahren. Manches ist im Job Routine. Und einiges macht man, weil es sein muss, obwohl das Bügeln langweilig ist. Schön für unser Gehirn. Es kann faulenzen und muss nicht viel nachdenken. Ist ja keine großartige Herausforderung da. Es nimmt weniger Reize wahr und zack – ist der Arbeitstag rum.

Als Senior schalten wir in den Turbo

Im Alter wird das noch schneller. Jetzt schalten die Erinnerungen den Turbo an. Als Senior gehen wir nicht mehr ins Büro, wir eilen nicht mehr von der Kita zum Supermarkt, wir sind öfter allein als früher und dann erinnert man sich: War das schön, als die Eltern mit uns Kindern in den Urlaub fuhren. Wie glücklich ich doch an meinem Hochzeitstag war. Ach, als mein Hund noch bei mir war… Spätestens jetzt fragen wir uns selbst: „Hörst Du nicht, wie die Zeit vergeht?“

Die Erinnerungen müssen vom Gehirn nicht abgespeichert werden. Sie liegen längst als Datei auf der Festplatte rum und mit einem Gedankenklick kann man sich alles anschauen. Jetzt schwelgen wir im Anno dazumal und achten nicht mehr auf die Zeit. Bis wir auf die Uhr schauen und merken: Wahnsinn, der ganze Nachmittag ist rum.

Zu allem Überfluss sorgt unser Gehirn dafür, dass wir die Erinnerungen leichter  finden: Es schmeißt unwichtige oder unangenehme Erinnerungen raus, schließt die Lücken und ordnet alles abrufbereit und ordentlich an. Festplatte eben: Einmal aufgeräumt, läuft sie wieder wie geschmiert. Da machen Erinnerungen noch mehr Spaß und schon vergeht die nächste Zeit wie im Flug.

Unser Befinden und das Glückshormon mischen mit

Es wäre einfach, zu sagen: Jetzt weiß ich Bescheid. So einfach mache ich es Ihnen nicht in Sachen Zeitempfinden. Es gibt zusätzliche Faktoren, die unsere zeitliche Wahrnehmung beeinflussen. Die Schlüsselfrage lautet: Wie bist Du drauf? Sind wir fit, gut gelaunt und voller Energie, dann vergeht die Zeit schneller. Haben wir einen miesen Tag, sind krank oder erschöpft, dann dauert die Zeit ewig.

Apropos Laune: Das Glückshormon Dopamin spielt auch eine Rolle beim Zeitempfinden. Schöne Erlebnisse, wie etwa ein Tag am See, lassen die Zeit schneller vergehen und man sagt am Ende: Schade, schon wieder vorbei.  Langeweile und Alltagstrott lässt die Uhr scheinbar langsamer ticken. Und so kommt es schon in jungen Jahren zum lebenslangen Empfinden: Die coole Party ist viel zu schnell vorbei, aber der langweilige Schultag dauert ewig.

Manchmal scheint die Zeit still zu stehen

Manchmal scheint die Zeit sogar still zu stehen. Wenn man einen geliebten Menschen oder ein geliebtes Tier verliert, dann wird die Stop-Taste gedrückt. Die Zeiger der Uhr drehen ihre Runden, aber in der Trauer und Gleichgültigkeit merken wir das nicht. Unsere Zeitwahrnehmung ist futsch. Wir schauen viel mehr zurück als nach vorn. Das Hier und Jetzt ist uns egal und es kümmert uns auch nicht, dass sich die Welt weiter dreht.

Trauernde ändern Prioritäten und den Glauben

Für Trauernde verändern sich auch Prioritäten: Was uns vorher wichtig war, ist plötzlich gar nicht mehr wichtig. Damit verändern sich auch Ziele, Pläne, Ideen und Wünsche. Und: Auch der Glaube kann sich verändern: Die einen wenden sich der Spiritualität mehr als früher zu und suchen nach Zeichen und Botschaften. Andere verlieren den Glauben, weil sie den Schicksalsschlag nicht verwinden.

Oft hört man Sätze, wie „Hätten wir mehr Zeit gehabt… Könnte ich die Uhr zurückdrehen… Ich habe es versäumt, Dir noch zu sagen…“ Als noch Zeit war, haben wir nicht hingehört, als gefragt wurde: „Hörst Du nicht, wie die Zeit vergeht?“ Und dann war es zu spät. Zumindest für irdische Handlungen und Gespräche.

Mit einem Channeling kann man aber das eine oder andere nachholen. Ob Mensch oder Tier – beim Channeling können Nachrichten von drüben und von hier übermittelt werden. Selbst beim Channeling bekommen wir es mit der Zeit zu tun: Im Jenseits sehen Menschen und Tiere fit und jung aus. Sie sind nicht mehr krank, verletzt oder alt. Und nicht selten merkt man bei den Antworten der Heimgegangenen: Sie verlieren immer mehr das Zeitempfinden und irgendwann ist es gar nicht mehr da.

Das Gehirn beendet den Stillstand

Doch gehen wir zurück in unsere Welt: Jeder Trauerprozess schwächt sich mit der Zeit ab. Aber warum? Wir haben das Gehirn. Das faulenzt gerne mal, aber wenn es zu lang dauert, dreht es am einen oder anderen Rad. Und schon holt uns eine Erinnerung, die Tagesstruktur oder ein Erlebnis aus dem Zeitstillstand heraus.

Allerdings: Der schmerzliche Verlust führt zu einem individuellen Zeitempfinden, das wieder die Frage „Hörst Du nicht, wie die Zeit vergeht?“ ins Bewusstsein holt. Der eine sagt sich nach einer gewissen Zeit der Trauer: Ich sollte nichts aufschieben, denn wer weiß, wieviel Zeit ich noch habe. Andere verharren und sagen: Die beste Zeit ist vorbei und neue Pläne lohnen sich nicht.

Ehrlich gesagt: Mir gefällt die erste Variante besser. Nichts aufschieben: Wir sollten in keinem Alter die Frage „Hörst Du nicht, wie die Zeit vergeht?“ überhören. Deshalb sollte in jedem Alter gelten: Nichts aufschieben, denn man weiß nie, wieviel Zeit man hat. Text: Marion Friedl / Foto: Gerd Altmann Pixabay